07 - Birspark Landschaft

Das grüne Rückgrat der Agglomeration
Nahtlos miteinander als auch mit der Region Basel verschmolzen: Die Gemeinden des suburbanen Metropolitanraums im unteren Birstal (CH) sind durchgängig bebaut, dicht erschlossen und verbunden durch das grüne Band der Birslandschaft. Die gemeinde- und kantonsübergreifende Entwicklung dieses urbanen Landschaftsraums begegnet dem Motto der IBA Basel «Gemeinsam über Grenzen wachsen» auf besondere Art und Weise.

Der suburbane Metropolitanraum entlang der Birs ist gesäumt von Ufergehölzen und Ruderalflächen, die von Wohngebieten, Industrie- und Gewerbearealen und Sportanlagen umgeben sind. Gemeinden, deren historischer Kern ursprünglich auf den Hochterrassen der Birs lag, wuchsen in Richtung Fluss und formten schliesslich von der Flussmündung in Birsfelden (CH) bis zum Schloss Angenstein bei Aesch (CH) eine kontinuierliche Siedlungszone. Aufgrund der direkten Nähe zur dynamischen und attraktiven Kernstadt Basel ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein exponentielles räumliches Wachstum zu verzeichnen. Mit knapp 90.000 Einwohner*innen gilt das Birstal (CH) als wichtiger Entwicklungsund Verdichtungsraum. Durch eine bis zum Jahr 2000 ausschliesslich auf Ebene der einzelnen Gemeinden betriebene Raumplanung war dieser Raum durch kantonale und kommunale Grenzen geprägt. Den Gemeinden entlang der Birs wurde bewusst, wie wichtig es ist, auf der räumlichen Ebene gemeinsam zu planen und zu handeln.

Kooperationsmodell Birsstadt

Die Gemeinden und die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn liessen in den Jahren 2008/2009 im Rahmen eines Modellvorhabens des Bundes eine Freiraumkonzeption Birsstadt ausarbeiten. Kern dieser Konzeption bildet die Birspark Landschaft, die sich von Terrassenkante zu Terrassenkante ausdehnt. Als Startprojekt haben die Gemeinden einen durchgehenden Birsuferweg mit einheitlicher Signalisation und neuen Zugängen zur Birs realisiert. Die Gemeinden Muttenz, Münchenstein und das Goetheanum in Dornach (alle CH) haben unabhängig voneinander beim Projektaufruf der IBA Basel 2011 Projekte eingereicht, welche den Flussraum um die Birs im Fokus hatten. Die IBA Basel brachte die drei Gemeinden zusammen und bestärkte diese, mit den anderen Gemeinden des Birstals (CH) die Landschaft um den Fluss Birs gemeinsam als Projekt im Prozess IBA 2020 einzubringen und so den Birsraum gemeinsam zu entwickeln und aufzuwerten. Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat mit der Vergabe der Auszeichnung «Landschaft des Jahres» an die Gemeinden Aesch, Arlesheim, Birsfelden, Dornach, Münchenstein, Muttenz, Pfeffingen und Reinach (alle CH) für das gemeinsame Engagement zugunsten einer sorgfältigen Entwicklung und Pflege der Birspark Landschaft bereits früh ein wegweisendes Zeichen gesetzt. Eine Auszeichnung, die verpflichtet und motivierend war. Die Gemeinde Muttenz (CH) übernahm damals die Führung der Arbeitsgruppe Birspark Landschaft, wodurch eine reelle nachhaltige Kooperation mit den Nachbargemeinden ihren Anfang gefunden hatte. Das Projekt Birspark Landschaft ist ein konkreter Ausdruck dieser Strategie. Es soll die Landschaft aufwerten, unterschiedliche Nutzungsweisen der Freiräume fördern, die Artenvielfalt wiederherstellen und bewahren und gleichzeitig die Verdichtung im städtischen Umfeld abfedern. Nachdem die Birsstadt-Gemeinden zunächst konzeptionell das Thema Freiräume aufgegriffen hatten, strebten die sechs Partnergemeinden auch auf Grundlage eines aktuellen Inventars der Naturwerte entlang der Birs einen nächsten Konkretisierungsschritt an, welcher 2016 im Aktionsplan Birspark Landschaft mündete. Der Aktionsplan wurde in einem partizipativen Prozess unter Federführung der Gemeinde Muttenz (CH) von der Arbeitsgruppe Birspark Landschaft gemeinsam mit den betroffenen Anspruchsgruppen erarbeitet. Der Aktionsplan verbindet den Schutz und die Nutzung des Flussraumes und der Umgebung zwischen Angenstein (CH) und der Birsmündung. Die überkommunale Zusammenarbeit wurde ab 2012 schrittweise auch in den Bereichen der Raumplanung, Mobilität und Verkehr, der nachhaltigen Energienutzung und weiteren Themengebieten ausgebaut und mit der Regionalplanungsgruppe und der Energie-Region Birsstadt rief man zwei weitere Arbeitsgruppen ins Leben. Um die Arbeit aller Arbeitsgruppen und die Entwicklung weiter zu verstetigen, wurde schliesslich 2018 der Verein Birsstadt gegründet, dem die basellandschaftlichen Gemeinden Aesch, Arlesheim, Birsfelden, Duggingen, Grellingen, Muttenz, Münchenstein, Pfeffingen und Reinach sowie Dornach (alle CH) im Kanton Solothurn angehören. Der Verein bezweckt die Förderung des Austauschs und der Zusammenarbeit auf politischer und Verwaltungsebene unter den zehn Gemeinden und die gemeinsame Vertretung von Interessen gegenüber den Anspruchsgruppen wie auch anderen Gemeinden, Regionen oder den jeweilig betroffenen Kantonen. Dank seines Bottom- up-Ansatzes förderte das IBA Projekt Birspark Landschaft eine gemeindeübergreifende Sichtweise, wo zuvor institutionelle regionale Planungsinstrumente nicht vorgesehen waren. Die Gestaltung von Freiräumen über kantonale oder kommunale Grenzen hinaus, koordiniert auf Basis einer gemeinsamen Vision, war der Auftakt zu einer umfassenden Zusammenarbeit, wobei mit dem Raumkonzept Birsstadt 2035 und dem Aktionsplan Nachhaltige Mobilität auch in weiteren Arbeitsgruppen neue Instrumente der Zusammenarbeit entwickelt wurden.

Leuchtturmprojekte für den suburbanen Metropolitanraum

Der Aktionsplan Birspark Landschaft gliedert sich in Querschnittsmassnahmen in den Bereichen Naherholung, Natur- und Landschaftsschutz sowie sieben Leuchtturmprojekte. Er fördert die Synergien zwischen den Planungen entlang der Birs und den angrenzenden Quartieren, verbessert das Angebot an Erholungsräumen und trägt zum Schutz der Artenvielfalt bei. Erste Umsetzungen sind bereits erfolgt. Mehrere Leuchtturmprojekte, die von den jeweiligen Partnergemeinden selbst getragen wurden, und verschiedene gemeindeübergreifende Massnahmen wurden realisiert. Die Birsstadt-Einwohner*innen kommen schon heute in den Genuss verbesserter Fusswege und Aufwertungen im Natur- und Erholungsraum der Birspark Landschaft. Ausserdem können sie bei der «Birsputzete » im Rahmen des schweizweiten «Clean-up Day» jährlich im September mithelfen, den Fluss von Abfall zu befreien. Weitere gemeindeübergreifende Massnahmen - etwa ein «lichtarmer Vernetzungskorridor », der die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf nachtaktive Lebewesen reduzieren soll, oder ein Netz aus einfachen Sitzplätzen für Kinder und Jugendliche - sind in Bearbeitung. Die Leuchtturmprojekte sind auf die spezielle Situation und die finanziellen Mittel der einzelnen Gemeinden abgestimmt und unterscheiden sich hinsichtlich ihres Schwerpunktthemas und des Projektzeitraums. Die ökologische Aufwertung der Grube «Blinden» in Münchenstein (CH) und der Natur- und Erlebnisweiher in Reinach (CH) wurden bereits umgesetzt. Die planungsrechtlichen Arbeiten für die Transformation der ehemaligen Reitsportanlage Schänzli in Muttenz in einen Natur- und Erholungsraum mit dynamischer Flusslandschaft sind abgeschlossen. Eine Umsetzung ist in den kommenden Jahren parallel zur nicht minder anspruchsvollen Arealentwicklung Hagnau vorgesehen und wird der Bevölkerung einen Zugang zum neuen Naherholungsgebiet «Schänzli» eröffnen. In den kommenden Jahren werden weitere Leuchtturmprojekte hinzukommen: In Dornach (CH) soll im Areal der ehemaligen Metallwerke eine Umnutzung im Sinne des partnerschaftlich erarbeiteten Massnahmenplans umgesetzt und in diesem Rahmen der eigentliche Gewässerraum der Birs grossräumig aufgewertet werden. Im Industriegebiet von Arlesheim sollen «Pocket Parks» angelegt werden. In Aesch (CH) soll die Versickerungsanlage ökologisch aufgewertet und mit einer Aussichtsplattform (Birswarte) ergänzt werden. Ohne auf einen starren zeitlichen und räumlichen Rahmen reduziert zu sein, ist das IBA Projekt Birspark Landschaft ein Prozess, der sich in Abhängigkeit von den jeweiligen Möglichkeiten der einzelnen Partner*innen ständig weiterentwickelt und wächst und modellhaft für eine koordinierte Regionalentwicklung steht.

Konzertierte Raum- und Landschaftsplanung als Erfolgsmodell

Das Projekt Birspark Landschaft zeugt von der strukturgebenden Rolle von Freiräumen im Rahmen der Entwicklung einer Metropolregion. Heute ist das Birstal (CH), das durch die topografischen Gegebenheiten sowie administrativen und politischen Planungsgrenzen lange vom Stadtzentrum getrennt war, wirtschaftlich wie funktional ein integraler Bestandteil der Agglomeration Basel und begreift sich als zusammenhängender Wirtschafts-, Lebens- und Naturraum. Es zeichnet sich ab, dass Siedlungsdruck und Nutzungskonflikte im Freiraum entlang der Birs tendenziell zunehmen: Gemäss Prognosen ist bis 2035 in einem Gebiet zwischen Birsfelden (CH) und Pfeffingen (CH), in dem aktuell circa 90.000 Einwohner*innen leben, mit zusätzlichen 15.000 Einwohner*innen zu rechnen. Ausserdem werden beachtliche Flächen für Geschäfte und Industrie benötigt. Neben der Notwendigkeit, die räumliche Entwicklung der Anliegergemeinden aufeinander abzustimmen, gilt es damit auch, die Natur- und Erholungsräume der Birs zu bewahren, den Mangel an Flächen für Freizeitaktivitäten und Naherholung zu beheben und sich auf den Anstieg der Bevölkerung und damit der Nutzer*innen dieser Flächen vorzubereiten. Das Projekt bezeugt, dass Landschaft nicht nur ein Thema ist, für das sich unterschiedliche Akteur*innen gemeinsam einsetzen, sondern dass konkrete Massnahmen einen grossen Mehrwert für die Bevölkerung und die jeweilige Gemeinde haben.

Perimeter

Ca. 12 km² zwischen Grellingen (CH) und Birsfelden (CH)

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der IBA Fachpublikation «Gemeinsam Grenzen überschreiten».